Die Stadtwerke haben große Pläne: Bis 2030 will das Unternehmen ihr Fernwärmenetz dekarbonisieren, das heißt, auf eine Versorgung mit erneuerbaren Energien umstellen. Eine große Aufgabe für Projektmanager Bastian Reinhardt.
Fernwärme gilt als wichtiger Baustein der Wärmewende. Wie umweltfreundlich sie ist, hängt davon ab, woher die Wärme für die Netze stammt. Das Hochdahler Fernwärmenetz wird derzeit noch hauptsächlich mit Erdgas betrieben. Das soll sich ändern. Dafür sorgt Bastian Reinhardt, Projektmanager für erneuerbare Energien bei den Stadtwerken Erkrath.
Herr Reinhardt, Mitte Juli haben Sie Ihre Stelle bei den Stadtwerken angetreten. Was genau sind dort Ihre Aufgaben?
Meine Aufgabe ist es, die Dekarbonisierung des Hochdahler Fernwärmenetzes zu koordinieren, das heißt, die Energieerzeugung nach und nach auf Erneuerbare umzustellen und Effizienzmaßnahmen durchzuführen.
Im vergangenen September hat bereits ein Strategieteam definiert, welche Technologien vor Ort möglich sind. Wie geht es weiter?
Basierend auf den vorgestellten Analysen wird derzeit ein Transformationsplan erstellt. Er zeigt uns, in welche Richtung wir uns bis wann entwickeln wollen, welche Erneuerbaren es auszubauen gilt und welche Möglichkeiten es zum Beispiel hinsichtlich Netzerweiterung und Netzverdichtung gibt. Zudem ist er die Grundlage für wichtige Fördermittel des Bundes.
Welche konkreten Schritte sind geplant?
In einem ersten großen Schritt haben wir drei Förderungen beantragt: die KWK- und iKWK-Förderung der Bundesnetzagentur (siehe Kasten) sowie die Förderung durch das Modul I der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW). Für alle drei Förderungen haben wir den Zuschlag erhalten. Nun planen wir im Rahmen der KWK-Förderung zwei Blockheizkraftwerke und im Rahmen der iKWK-Förderung ein Blockheizkraftwerk in Verbindung mit einer Solarthermieanlage, die über eine Bruttokollektorfläche von 9.320 Quadratmetern verfügt, sowie einen Powerto-heat-Kessel, der aus elektrischer Energie thermische Energie generiert. Alle drei BHKW sollen zudem für den Betrieb mit Wasserstoff ausgelegt, also H2-ready sein. Die Planungsleistungen für die Vorhaben befinden sich derzeit in der Ausschreibung. Über das Modul I der BEW wird unter anderem der Transformationsplan gefördert.
„Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Dekarbonisierung der Fernwärme ein Hauptbestandteil der kommunalen Wärmeplanung ist.“
Sind weitere Technologien im Gespräch?
Ja, natürlich. Experten des Fraunhofer Instituts haben für uns eine Vorstudie zur Nutzung von Geothermie erstellt; erste Ergebnisse werten wir derzeit aus. Definitiv eine Überlegung wert ist die Nutzung von Abwärme, etwa aus dem hiesigen Klärwerk. Auch Biomasse ist interessant, Eine neu gestaltete Übergabestation für Fernwärme im Erkrather Stadtgebiet. ebenso wie der Ausbau von Photovoltaik beziehungsweise Solarthermie auf Freiflächen oder Dächern. Wärmespeicher
sind ebenfalls ein großes Thema, um die Erzeugung von der Nutzung der Energie besser entkoppeln zu können. All das sind Möglichkeiten, deren Potenzial wir auch im Rahmen des Transformationsplans prüfen.
Sie sprachen vorhin von der Erweiterung und Verdichtung des Fernwärmenetzes: Gibt es dazu bereits konkrete Pläne?
Perspektivisch wollen wir das Netz ausbauen, um einmal ganz Hochdahl versorgen zu können. Derzeit erstellen wir einen sogenannten „digitalen Zwilling“ des Netzes. So können wir den Bedarf genauer kalkulieren und Simulationen durchführen. Zum Beispiel können wir uns sogenannte Schlechtpunkte im Netz anzeigen lassen und eruieren, wo Potenzial zur Verdichtung besteht und an welcher Stelle nachgebessert werden muss. Auch prüfen wir, wann und in welchem Umfang wir Netzerweiterungen vornehmen können.
Gibt es denn seitens der Bürgerinnen und Bürger Interesse am Ausbau der Fernwärme?
Das Interesse ist groß: Wir erhalten derzeit viele Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern, die an unser Fernwärmenetz angeschlossen werden möchten.
Lässt sich das kurzfristig umsetzen?
Das hängt von vielen Faktoren ab, wie beispielsweise dem Standort des potenziellen Kunden, der benötigten Wärmeleistung und der Entfernung zu vorhandener Fernwärmeinfrastruktur. Liegt das Grundstück eines Interessenten direkt an einer vorhandenen Fernwärmetrasse und benötigt dieser keine überdurchschnittlich hohe Anschlussleistung, so stehen die Chancen auf eine kurzfristige Umsetzung gut.
Bis Mitte 2028 muss Erkrath eine kommunale Wärmeplanung vorlegen, um Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen darüber zu informieren, welche Optionen zur Wärmeversorgung es künftig gibt. Inwiefern hängen Ihre Pläne zum Fernwärmenetz damit zusammen?
Um den eng gesteckten Zeitplan der Bundesregierung einhalten zu können, müssen wir ohne den kommunalen Wärmeplan in Vorleistung gehen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Dekarbonisierung der Fernwärme ein Hauptbestandteil der kommunalen Wärmeplanung ist.
KURZ ERKLÄRT: WAS IST iKWK?
Bei der innovativen Kraft-Wärme-Kopplung (iKWK) wird eine KWK-Anlage, etwa ein Blockheizkraftwerk (BHKW), mit einer innovativen erneuerbaren Wärmequelle und einem elektrischen Wärmeerzeuger zu einem System verbunden. Das können zum Beispiel eine Solarthermie und eine Power-to-Heat-Anlage sein. Die Vernetzung unterschiedlicher Anlagen und Energiequellen gilt als Schlüsselelement bei der Bewältigung der Wärmewende. Nur so lässt sich die Versorgungssicherheit auch in Zukunft gewährleisten.